Dass sich ausgerechnet Personaler im Krisenjahr 2020 zuversichtlich geben – darauf würde man nun nicht unbedingt kommen. Denn eigentlich ist ja immer die Rede von Kurzarbeit, Konjunktur und Kündigungen in der Arbeitswelt während der Corona-Pandemie. Doch eine neue Umfrage der Online-Plattform Jobteaser zeigt: In Deutschlands Personalabteilungen ist die Stimmung alles andere als finster! Die große Mehrheit der befragten HR-Profis gibt an, sie blicke optimistisch in die Zukunft und würde auch während der Krise ihre Aktivitäten ganz oder zum großen Teil fortsetzen können. Corona und Recruiting – passt das etwa doch zusammen? Ganze 95 Prozent der befragten Unternehmen aus Deutschland und Österreich sagen: Ja! Zur Zeit des ersten Lockdowns im Frühjahr war diese Zuversicht noch etwas verhaltener, doch auch da betonten immerhin 76 Prozent der Personaler, dass sie keinen Zweifel hätten, in gleichem Maße Talente rekrutieren zu können wie zuvor.
Wirklich paradox an diesen Aussagen ist, dass knapp 70 Prozent in Deutschland ihr Recruiting teilweise komplett eingestellt haben und 95 Prozent angeben, „stark“ oder „sehr stark“ von der Coronakrise aktuell oder in absehbarer Zeit betroffen zu sein. Der Status Quo ist also nicht besonders erfreulich – woher kommt dann diese positive Stimmung in den HR-Abteilungen?
Eine Erklärung, so die Auftraggeber der Studie: Unternehmen verfolgen gewöhnlich langfristige Personalstrategien, die auch mal Stagnationen oder Einschränkungen verkraften. So rüsten sich Arbeitgeber offenbar schon kräftig für die Zeit nach der Krise. Damit möchten sie ein positives Signal senden, denn Recruiting ist für Firmen immer auch ein wichtiges Aushängeschild. Ein vorübergehender Einstellungsstopp dient ihnen dazu, die Entwicklung erst einmal zu beobachten und „die Füße still zu halten“. Trotzdem wollen sie nicht ihre eigene Wettbewerbsposition gefährden, indem sie sich als Arbeitgebermarke komplett zurückziehen. Das Recruiting mag quasi stillgelegt sein, doch ist es enorm wichtig, dass ein Unternehmen von potentiellen Bewerbern weiterhin attraktiv gefunden wird. Sogar die HR-Budgets wurden in rund der Hälfte der befragten Firmen keineswegs reduziert und sind noch in voller Höhe vorhanden.
Dies würde bedeuten, dass sich viele Unternehmen bewusst sind, dass sie ihre grundsätzliche Strategie beibehalten müssen – Krise hin oder her. Auch wenn die ganze Welt den Atem anhält und die Wirtschaft auf nie dagewesene Weise heruntergefahren wurde, soll es schließlich weiterhin Wachstum geben. Der Wettbewerb um Fachkräfte und motivierte Talente geht weiter, und Personaler müssen sich darauf einstellen, dass es einen besonderen Run auf qualifiziertes Personal geben könnte, wenn das Coronavirus tatsächlich endlich eingedämmt ist und die viel zitierte „neue Normalität“ wenigstens ein paar Züge der „alten Normalität“ zurückgewinnt.
Und was bedeutet das konkret für Talente auf Jobsuche? Natürlich müssen sie noch ein wenig Geduld haben, doch es scheint sicher zu sein, dass wieder mehr Stellen ausgeschrieben werden. In der Umfrage gaben die Unternehmen an, die Personalsuche wieder langsam wieder hochgefahren. Und insbesondere der Nachwuchs mit digitalem Know-how kann optimistisch gestimmt sein: Für junge Fachkräfte würden besonders viele Positionen geschaffen.
Doch wie bleiben Personaler überhaupt aktiv, wenn doch zurzeit so gar nicht emsig rekrutiert wird? Sinnvoll ist, sich nicht zu passiv zu verhalten und für jede plötzliche Veränderung gewappnet zu sein. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass es den Corona-Impfstoff nun doch schon so schnell geben würde? Wer kann wissen, wo wir in einem halben Jahr stehen? Die Zäsur durch Corona birgt Zeit und Raum für Neuerungen. Zunächst ist es ratsam, den Personalplan zu aktualisieren beziehungsweise ihn kontinuierlich zu hinterfragen und bearbeiten. Wie könnte der Personalbedarf post-Covid aussehen? Welche Kräfte werden benötigt und gibt es auf einmal neue Anforderungen? Außerdem sind auch eher – nun ja – verstaubte HR-Abteilungen durch die Pandemie gezwungen, sich verstärkt dem virtuellen Recruiting zu widmen und Vorstellungsgespräche per Videochat zu führen. Diese Entwicklung wird auch zukünftig interessant bleiben. Des Weiteren motiviert dieses seltsame Corona-Vakuum, in dem wir uns befinden, mehr in die Kontaktpflege zu investieren. Selbst, wenn momentan nicht eingestellt werden darf oder es noch unklar ist, ob eine Stelle überhaupt besetzt werden kann, bleibt es dem HR-Mitarbeiter unbenommen, mit Bewerbern in Verbindung zu bleiben. Ehrliche und transparente Kommunikation über die Situation des Unternehmens und ein professionelles Auftreten können bewirken, dass der Wunschkandidat vielleicht doch noch gewonnen werden kann – wenn die Umstände es zulassen. Und nicht zuletzt ist jetzt eine gute Zeit, sich weiterzubilden und gegebenenfalls frischen Wind in festgefahrene Recruiting-Strukturen zu bringen. Sollten die Inhalte der Stellenanzeigen überarbeitet werden? Welche bisher ungenutzten Kanäle könnte man aktivieren? Sind die Instrumente zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften noch zeitgemäß? Fazit: Wer die Krise auch als Chance begreift, übersteht sie wahrscheinlich unbeschadeter.
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