Die Corona-Krise hat in der Arbeitswelt einiges umgewälzt: Nicht nur, dass sich viele Arbeitnehmer wünschen, weiterhin im Homeoffice zu arbeiten – nicht wenige kündigen auch ihren Job und schwingen sich auf zu neuen Ufern!
Für die hohe Bereitschaft, den Job zu wechseln, hat sich während der Corona-Pandemie in den USA schon ein feststehender Begriff entwickelt: The Great Resignation. Im Englischen hat „to resign“ sogar eine doppelte Bedeutung und heißt sowohl „resignieren“ als auch „kündigen“. Tatsächlich ist die Kündigungswelle in Amerika derzeit beispiellos hoch. Für immer mehr US-Bürger hat die Pandemie zu einem Umdenken geführt. Sie hinterfragen ihren Job, kündigen und wünschen sich eine Stelle mit einer gesünderen Work-Life-Balance und größerer Selbstbestimmtheit.
Das Phänomen ist nun auch in Deutschland zu beobachten, wie der sogenannte Gallup Engagement Index offenbart. Erstmals in der jährlich stattfindenden Erhebung ist die Jobwechselbereitschaft in Deutschland sogar höher als in den Vereinigten Staaten. Arbeitgeber müssten demzufolge mit einer Kündigungswelle rechnen. Die Ergebnisse geben einem tatsächlich zu denken: Ganze 23 Prozent der Deutschen möchten innerhalb eines Jahres nicht mehr bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber tätig sein. Und 42 Prozent wünschen sich den Absprung binnen drei Jahren. Die Forscher des Gallup-Instituts stellen dabei fest, dass es in Deutschland zurzeit extrem dynamisch zugeht. Während es in den USA zwar eine nie dagewesene Kündigungswelle gibt, so ist der Anteil deutscher Beschäftigter, der aktuell aktiv eine neue Stelle sucht, erstmals höher als dort. 14 Prozent der Deutschen sind bereits auf Jobsuche, in den USA sind es dagegen nur 10 Prozent.
„Der Arbeitsmarkt in Deutschland wird volatiler – allerdings nicht für Arbeitnehmende, sondern für Unternehmen. Noch nie waren so viele Menschen auf Jobsuche oder offen für Veränderung wie jetzt“, sagt Pa Sinyan, Managing Partner von Gallup in Europa, dem Nahen Osten und Afrika, in einer Pressemitteilung. „Unternehmen müssen sich mehr denn je darum bemühen, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen, das Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Bleiben bewegt und qualifizierte Jobsuchende dazu motiviert, sich für sie zu entscheiden.“ Mit einer hohen emotionalen Bindung sinke die Wechselbereitschaft. Sie wirke wie „ein Booster für den aktuellen Arbeitgeber.“
Laut dem Gallup Engagement Index sind momentan nur 17 Prozent der Beschäftigten überhaupt emotional an ihren Arbeitgeber gebunden. Dass die Gefühlsbindung einen immensen Einfluss auf die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hat, zeigt sich vor allem an einem höheren Qualitätsbewusstsein bei der Aufgabenerledigung und geringeren Fehlzeiten. Die durch innere Kündigung bedingten volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund derartiger Produktivitätseinbußen belaufen sich jährlich auf 92,9 bis 115,1 Milliarden Euro, ermittelte 2021 das Statistische Bundesamt. Laut Gallup habe jede beziehungsweise jeder Fünfte innerlich bereits gekündigt.
Employer Branding, Mitarbeiterbindung – sind das also nur Schlagworte? Vielleicht müssen sich Unternehmen einfach noch mehr ins Zeug, um Fachkräfte nicht nur zu rekrutieren, sondern auch zu halten. Deren Ansprüche haben sich nicht erst seit der Pandemie grundlegend geändert. Mehr Freizeit, weniger starre Hierarchien, flexiblere Arbeitszeiten, mehr Wertschätzung: Das alles müssen Arbeitgeber heute bieten. Und der Wunsch nach einem erfüllteren Berufsleben ist durch Corona nur noch größer geworden.
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